Geschlechterrollen – Warum Klischees gefährlich sind und wie sie vermieden werden können
Von den Studierenden des Seminars Diklusion der Europa-Universität Flensburg: Julijana Naceva und Jonathan Dieckmann
Der folgende Beitrag handelt von einem Projekttag für eine 5. Klasse, der unter der Thematik „Geschlechterrollen in den Medien“ steht, bei dem die Schüler:innen Werbeclips bewerten und kritisieren und für Klischees sensibilisiert werden. Dies findet in einem digital-inklusiven Umfeld statt, bei dem die Schüler:innen ein kreatives Medienprodukt erstellen. Mit Hilfe von iPads entwerfen sie eine eigene Werbung, die ein Produkt so bewirbt, dass sich das weibliche und männliche Geschlecht angesprochen fühlt.
Die Schüler:innen lernen, dass es Geschlechtsidentitäten gibt und dass im besten Fall zwischen ihnen eine Gerechtigkeit herrschen soll. Außerdem wissen sie, warum Vorurteile gefährlich sind. Dadurch ist es ihnen, in diesem Fall anhand von Werbungen möglich, solche zu analysieren und zu erkennen, ob ggf. eine Un-/Gerechtigkeit herrscht und danach zu handeln. Sie wissen anhand ihrer Bewertung, was sie beim Erstellen ihrer eigenen Werbung beachten müssen, damit diese gelingt. Dadurch trainieren sie ihr Wissen und können dieses direkt auf ihre Handlungskompetenz übertragen. Da die Werbeclips mit iPad-Tools, wie beispielsweise iMovie, erstellt werden, erlernen sie die Handhabung dieser. Sie können im weiteren Verlauf des Schuljahres eingesetzt werden. Für den selbst erstellten Werbeclip wägen sie Informationen ab und üben sich dadurch in ihre Urteilskompetenz. Dieses Projekt findet hauptsächlich in einer Gruppenarbeit statt, bei der die Schüler:innen ihre Sozialkompetenz erweitern, denn sie müssen eindeutig miteinander kommunizieren, aneinander Kritik üben und Rücksicht aufeinander nehmen, um ein Medienprodukt anfertigen zu können.
Wichtig bei der Gestaltung einer digital-inklusiven Lernumgebung ist es, diese zu definieren. In diesem Beitrag wird das Projekt anhand von digitalem Werkzeug bearbeitet, was den Großteil dieser Lernumgebung darstellt. Anhand dessen ist es möglich einen Rahmen für das selbstständige Arbeiten zu schaffen. Durch die Vorgabe eines Drehbuchs für den Werbeclip, werden Leitgedanken angeboten, die zur selbstständigen Bearbeitung beitragen. Nichtsdestotrotz steht die Lehrkraft bei Rückfragen zur Verfügung.
Geschlechteridentität – Was beachtet werden sollte
Wichtig bei der Genderidentität ist es, dass diese mit den Schüler:innen zusammen definiert wird, damit die Voraussetzungen der Schüler:innen berücksichtigt werden können. Hierfür werden die Schüler:innen gefragt, was sie unter dem Begriff verstehen, wodurch ein Austausch entsteht und erstes Vorwissen erfasst werden kann:
- Wie sind die Schüler:innen demgegenüber eingestellt?
- Gibt es Wissenslücken?
- Sind sie vielleicht schon Expert:innen in dieser Thematik?
- Ist es ihnen unangenehm darüber zu sprechen oder sind sie ganz frei und erzählen gerne?
Dabei ist es wichtig Regeln aufzustellen, die ebenfalls mit den Schüler:innen definiert werden. In unserem Fall lauteten diese:
- „Wir sind freundlich zueinander.“
- „Wir hören zu, wenn jemand spricht.“
- „Wir gehen respektvoll miteinander um.“
- „Wir melden uns, wenn wir eine Frage haben.“
Zudem wurden diese visualisiert, um sprachliche Barrieren zu vermeiden.
Durch eine Vorstellungsrunde, bei der die Schüler:innen sich durch Fakten über sich vorstellen dürfen, kann sichergestellt werden, dass von allen die richtigen Pronomen benutzt werden. Wichtig ist es, dass ein angstfreier Raum entsteht, in dem es möglich ist Fragen zu stellen, Gedanken zu äußern und gemeinsam zu lernen.
Verlauf des Projekttages
Der Projekttag umfasst circa fünf Zeitstunden (mit Pausen), die wie folgt aufgeteilt sind:
Phase mit Zeitangabe | Phase 1 Ca. 1 Zeitstunde | Phase 2 Ca. 15 min | Phase 3 Ca. 20 min | Phase 4 Ca. 2 Zeitstunden | Phase 5 Ca. 15 min |
Ziel der Phase | Regeln erarbeiten, Vorwissen und Denkweise der SuS feststellen Recht auf Gleichberechtigung verdeutlichen, Verstehen, wieso Klischees gefährlich sind | Gender-Stereotype aus Werbungen erkennen Verstehen, dass Klischees in unserem umittelbaren Umfeld sind | Kriterien finden, die eine gute Werbung ausmachen iMovie kennenlernen | Gegenstände aus Phase 1 per Zufall verteilen Drehbuch schreiben anschließend Werbeclip produzieren | Fertiggestellte Werbeclips präsentieren |
Aktion der Lehrkräfte | Gespräch leiten Darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden | Leitgedanken vermitteln | iMovie Anleitung vorführen | Bei Rückfragen zur Verfügung stehen | Anleiten der Werbeclips Darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden |
Aktion der Schüler:innen | Video über Stereotype anschauen und in das Thema finden SuS aktivieren ihr Vorwissen, indem sie darüber nachdenken, welchem Geschlecht sie den Gegenstand zuordnen würden (auch beiden Geschlechtern zuordbar), bilden oder zeigen ihre Meinung | mit Hilfe eines Beobachtungsauftrages Werbung anschauen | Ideen sammeln, was eine Werbung ausmacht Erklärung für iMovie mitmachen | Rollen aufteilen Drehbuch schreiben Werbung drehen | Stellen ihre selbstgedrehte Werbung vor |
Benötigtes Material | Gegenstände, die vorurteilsbehaftet dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeschrieben werden können, aber auch beiden Geschlechtern vorbehalten sind | ausgewählte Werbung, die vermeintlich weibliche und männliche Produkte zeigt und Klischees erfüllt | Smartboard iPad | iMovie Internetrecherche erlaubt | Smartboard AppleTV |
Mögliche Stolpersteine | Klischees könnten weiter verfestigt werden dann mit den SuS ins Gespräch kommen und aufklären | Kinder machen sich über Werbungen lustig (speziell gegen das andere Geschlecht) Ernsthaftigkeit einfordern im Vorhinein | nicht jede:r versteht die Erklärung einige SuS kennen ggf. iMovie und den Umgang damit schon | Fehlende Kreativität Absprachen in den Teams Einige arbeiten nicht mit | SuS lachen über die Produkte der anderen |
Benötigtes Material
1. Gegenstände, die einem oder beiden Geschlechtern zugeordnet werden können:
- Nagellack
- Haarbürste
- Make-up Pinsel
- Kette/Schmuck
- Manga
- Kartenspiel
- Fußball
- Tennisball
- Sporthose
- Cappy
- U.v.m.
2. Erklärvideo Stereotypen
3. QR-Code zum Grundgesetz Artikel (siehe auch unterstützende PPP)
Artikel 3: „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ (Grundgesetz)
4. Werbeclips (Beispiele)
Folgende Werbeclips wurden ausgewählt, um diese als negative Beispiele zu präsentieren.
- Audi Trailer
- Rasierer Trailer
5. iMovie Erklärung + Drehbuch PDF
Dies ist die Erklärung zu iMovie. Außerdem wurde eine Vorlage für ein Drehbuch zur Verfügung gestellt. Dies kann mit dem iPad oder auch schriftlich auf Papier ausgefüllt werden.
Durchführung
Kennenlernen
In der Begrüßungsrunde haben wir uns den Schüler:innen vorgestellt und erläutert, was wir heute vorhaben. Im Kontext unseres Seminars der Europa-Universität Flensburg wollten wir einen Projekttag umsetzen, an dem die Schüler:innen durch Benutzung von technischen Mitteln ein Thema bearbeiten. Durch die Vorstellungsrunde der Schüler:innen konnten wir weitere Erkenntnisse über jeden einzelnen gewinnen. Es wurden die Zielsetzungen erläutert und die Schüler:innen erfuhren, dass sie ihre heute erstellten Filme ebenfalls der Schulöffentlichkeit in einer großen Pause präsentierten dürfen.
Einführung
Während der Einführung haben wir mit den Schüler:innen die Grundregeln für den Projekttag erarbeitet. Hierbei handelte es sich um grundsätzliche Gesprächsregeln, die einen respektvollen Umgang voraussetzen. Im nächsten Schritt haben wir den Schüler:innen die mitgebrachten Gegenstände beschreiben und einem Geschlecht zuordnen lassen. In weiteren Diskussionsrunden wurden über die zugeordneten Geschlechter gesprochen. Im Anschluss zeigten wir den Schüler:innen ein YouTube-Video über Geschlechterrollen und Stereotypen. Im nächsten Schritt ließen wir sie mit ihrem iPad den QR-Code scannen, durch den sie sich den Grundgesetz-Artikel in ihrem Tempo durchlesen konnten.
Hauptteil
Im Hauptteil zeigten wir dann den Schüler:innen Werbespots, in denen für Produkte durch Geschlechter geworben wird. Die Schüler:innen sollten ihre Beobachtungen auf ihrem iPad aufschreiben und beschreiben, warum bestimmte Geschlechter für die Produkte ausgewählt worden sind. Im Anschluss haben wir heterogene Gruppen gebildet, in denen sie sich dann für einen Gegenstand entscheiden sollten, den sie genderneutral vermarkten sollen. Nach einer Pause haben wir dann allen Gruppen das Programm ,,iMovie‘‘ erklärt. Danach wurden in den Gruppen die individuellen Drehbücher erstellt. In der Zeitspanne von 45 Minuten hatten die Gruppen Zeit ihr ausgewähltes Produkt in einem kurzen Werbespot zu vermarkten.
Schluss
Zum Abschluss des Projekttages wurden die abgedrehten und entwickelten Videos vorgestellt. Abgeschlossen haben wir mit einer Abschlussrunde, in der die Schüler:innen das Erlernte am heutigen Tag reflektiert haben.
Erklärung der Tools
YouTube
Durch das Tool ,,YouTube‘‘ gelangen die Schüler:innen durch gut animierte kurze Filme an kompakte Informationen. Durch den Auftrag bestimmte Informationen aus dem Video zu filtern, erlernen die Schüler:innen die Videos mit deutlich mehr Aufmerksamkeit und mit einer bestimmten Zielsetzung zu gucken.
QR-Code
Mit der Benutzung eines QR-Codes, gelangen die Schüler:innen in kürzester Zeit an digitale Informationen und erlernen grundlegende Vorgänge des Recherchierens. Ob in Zeitschriften oder an Plakaten, der QR-Code ist ein wichtiges Tool, um schnell auf digitale Informationen zugreifen zu können.
iMovie
Das Tool ,,iMovie‘‘ lässt sich auf dem iPad sehr leicht bedienen und ist dadurch besonders gut für Schüler:innen der 5. Klasse geeignet (s. Video). Durch die Erstellung von kleinen Videoclips und das Aneinanderreihen dieser, gelingt es den Schüler:innen einen kleinen Werbespot zu erarbeiten. Dadurch, dass die Schüler:innen die einfachen Tools bei iMovie (Texterstellung, Schneiden, Übergänge, Ton) schnell verstehen, kann durch eine gute Gruppenarbeit leicht ein Video erstellt werden.
Erfahrungen aus der Durchführung und Reflexion
Der Projekttag war für die Schüler:innen abwechslungsreich und hat ihnen Spaß gemachte. An erster Stelle steht, dass man während der ,,Kennnlernrunde‘‘ eine Verbindung zu den Schüler:innen aufbauen sollte, wenn man selbst nicht Lehrkraft in der Klasse ist. Dies erleichtert die Kommunikation für den gesamten Tag und beeinflusst die spätere Aufteilung der Kinder.
Stolpersteine
Zu Schwierigkeiten innerhalb der Gruppe kann es kommen, wenn vorher keine Gesprächsregeln besprochen worden sind. Ebenso bei den Gruppenzusammenstellung sollte man sich in den Vorwegen einige Gedanken machen, damit ein flüssiger Arbeitsablauf zustande kommen kann. Ein weiterer Stolperstein kann sein, wenn Schüler:innen keinen Zugang zum Thema finden, ihnen die Motivation fehlt oder bestimmte Geschlechtersterotype sich manifestiert haben. Hierfür sollte das direkte Gespräch gesucht werden, um die Umstände zu klären und das Teilnehmen am Projekt für das Kind zu ermöglichen.
Positiv
Besonders positiv für den Projekttag war das ständige Einbinden von technischen Geräten. Man merkt deutlich, wie lernwillig und spannend die Schüler:innen den kreativen Umgang mit den iPads finden. Dadurch und durch die Bereitstellung von zusätzlichen Hilfen, wie den Erklärvideos, kann die Aufmerksamkeit der Schüler:innen erhalten werden. Ein ebenso positiver Nebeneffekt ist, dass einige Kinder schon besser mit der Technik umgehen können und andere weniger und sich damit gegenseitig unterstützen können.
Im Großen und Ganzen hat der Projekttag den Schüler:innen und Lehrkräften Spaß gemacht und hatte ein positiven Lerneffekt für uns Studierende wie auch für die Schüler:innen!
Material
Die Keynote-Präsentation kann begleitend eingesetzt werden.
Das Drehbuch eignet sich als Vorlage, damit die Schüler:innen ihren Film planen können.
Redaktionelle Überarbeitung durch Dr. Lea Schulz
