Allgemein

Diklusive Lernumgebungen schaffen: Podcast mit Garageband aufnehmen

Autorinnen: Studierende der Europa-Universität Flensburg

Thema

Das Thema der Erprobung war das Erstellen eines Podcast mit realen Interviewpartner:innen zu ausgewählten Berufen. Das Ziel war es, die Medienkompetenz der Schüler:innen in der Art zu fördern, dass sie eigenständig alle Arbeitsschritte durchführen können, um einen Podcast zu erstellen. Angefangen von der Erarbeitung der Interviewfragen bis hin zu der Aufnahme, dem Zusammenschneiden des Podcast und der Hinzufügung von musikalischen Elementen.

Podcast

Die vorliegende Unterrichtsstunde behandelt das Thema „Podcasts“. Podcasts haben in der heutigen Gesellschaft einen immer größeren Stellenwert, da sie eine vielseitige Form der Informationsvermittlung und Unterhaltung bieten. Durch die Integration des Thema Podcasts in den Unterricht können Lehrkräfte Schüler:innen eine moderne Lernumgebung bieten, die aktuelle Interessen anspricht und dadurch ihre Medienkompetenz stärkt, um sie auf die Anforderungen in einer digitalisierten Gesellschaft vorzubereiten. Die Schüler:innen sollen lernen, selber einen Podcast mithilfe der App „Garage Band“ zu erstellen. Das Hauptlernziel der Stunde liegt darin, einen informativen und ansprechenden Podcast zum Thema Berufe zu erstellen. Dafür werden Familienmitglieder interviewt. Das aufgenommene Interview soll im Nachhinein von den Schüler:innen aufbereitet werden. Die technischen Kompetenzen stehen im Fokus der Stunde. Die Schüler:innen lernen mithilfe einer Anleitung den Umgang mit Aufnahmegeräten und Schnittsoftware und entwickeln im Team die Fähigkeit, die neu erlernten Kompetenzen anzuwenden.

Folgende Kompetenzen werden dabei gefördert:

  1. Kommunikationskompetenz (aufgrund des Interviews)
  2. Sozialkompetenz (aufgrund von Partnerarbeit)
  3. Medienkompetenz (Schnitt, Aufnahme, Speicherung des Interviews)
  4. Sachkompetenz (aufgrund unterschiedlicher Berufe)
  5. Frustrationstoleranz

Für heute aufwachsende Kinder und Jugendliche ist soziale Teilhabe zunehmend von ihrer Medienkompetenz abhängig. (Bosse/Sponholz, 2023) Im schulischen Kontext muss vor allem die digitale Ungleichheit („digital divide“/“digital gap“) berücksichtigt werden, um allen Schüler:innen eine gleichberechtigte Chance auf ihren Lernerfolg zu bieten. Die digitale Ungleichheit lässt sich in drei Level gliedern.

  1. First Level: Unterschiede in den Zugangsmöglichkeiten
  2. Second Level: Unterschiede in den Nutzungsweisen
  3. Third Level: Unterschiede bezüglich der Outcomes (Bosse/Sponholz, 2023)

Bei der Unterrichtsplanung sollten alle drei Level berücksichtigt werden, um gleiche Bildungschancen zu schaffen und Schüler:innen dadurch die Möglichkeit zu bieten, digitale Kompetenzen zu entwickeln oder von digitalen Lernangeboten zu profitieren. Die Lehrkraft muss sicherstellen, dass niemand aufgrund mangelnder Technologiekenntnisse- oder Zugang benachteiligt wird. Die folgende Unterrichtsstunde kann als didaktischer Ansatz dienen, Lehrkräfte an Unterricht im digitalen Zeitalter heranzuführen.

Diklusion und diklusive Lernumgebung

Der Begriff Diklusion setzt sich zum einen aus dem Wort der „Inklusion“ und zum anderen dem der „digitalen Medien“ zusammen. Digitale Medien, unter anderem in Form von iPads, können effektiv eingesetzt werden, um eine inklusive Lernumgebung zu schaffen und Hilfestellungen bei zu überwindenden Barrieren im Unterrichtsgeschehen zu bieten, damit möglichst alle Schüler:innen daran teilhaben können. Dabei ist das Ziel, dass alle Schüler:innen eine hochwertige Bildung erfahren und ihre persönlichen Stärken entfalten können (vgl. Schulz, Poster 2018 ). Der Begriff der Diklusion erfasst dabei den Umgang, den Einsatz und die Nutzung von digitalen Medien (Schulz 2018). Da der Einsatz von digitalen Medien im Alltag eine immer größere und wichtigere Rolle einnimmt, ist es zwingend erforderlich, bereits in der Grundschule den Umgang mit digitalen Medien zu erlernen. Es ist als eine Chance für Schüler:innen an der gesellschaftlichen Teilhabe zu sehen (vgl. Schulz Poster 2018).

Hinzu kommt der Aspekt, dass Schüler:innen damit die Möglichkeit erhalten, sich eigenständig Informationen zu beschaffen und beim Lernen möglichst selbständig zu agieren (vgl. Schulz 2019, S. 344). Hier im Bild arbeiten die Kinder mit zwei iPads. Auf dem einen können sie sich mithilfe des Book Creators die Erklärungen anhören oder durchlesen und die einzelnen Schritte sogleich auf dem anderen iPad umsetzen.

Folglich kann der Einsatz digitaler Medien in der Schule sowohl für Schüler:innen persönlich eine Bereicherung sein, als „auch auf der gruppenbezogenen Ebene“ und zudem soziokulturelle Vorteile mit sich bringen (vgl. Schulz 2019, S. 345).

Der Begriff der Inklusion ist dabei weit zu verstehen. Darunter fallen nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch allen Schüler:innen wird es ermöglicht, ihr Potenzial zu entfalten (vgl. Schulz 2019, S. 347).

Für eine diklusive Lernumgebung wurden pro Gruppe jeweils zwei iPads eingesetzt, sodass die Schüler:innen mithilfe der App des Book Creators sich Schritt für Schritt zunächst den Voreinstellungen zuwenden konnten und sodann auf dem anderen iPad der Aufnahme des Podcast selbst. Im Book Creator waren Hörfelder markiert, die beim Antippen den Text vorlesen. Zudem waren Anybookreader im Einsatz. Jede Gruppe verfügte über einen Stift, damit sie sich die Fragen ggf. auch vorlesen lassen konnte, falls Schwierigkeiten beim Lesen aufkommen sollten. Die Vorbereitung einer Checkliste sorgte für Orientierung und Übersicht. Auch die vorgefertigten allgemeinen Interviewfragen gewährleisteten, dass ein Interview stattfinden kann und sollten zugleich den Druck von den Schüler:innen nehmen, dass sie innerhalb der begrenzten Zeit Fragen formulieren müssen. Die Hilfstheke in Form von iPads mit weiteren Erklärvideos u.a. zur Musik und zum Schnitt der Aufnahmen, standen den Schüler:innen ebenfalls jederzeit zur Verfügung. Ein vorbereitetes Plakat und die gemeinsame Fertigstellung der Regeln sollen an einen freundlichen Umgang miteinander und einen sorgsamen Umgang mit der Technik erinnern.

All die oben angeführten Hilfsmittel mit ihren Funktionen sorgen für eine diklusive Lernumgebung, sodass sich die Schüler:innen bei Schwierigkeiten stets daran bedienen können, um ihr Projekt zu vollenden. (Hinweis: Die Materialien dazu sind am Ende des Beitrags zu finden.)

Aufbau des Projekttages

Auf diesem Bild sieht man die Zeiteinteilung für den Projekttag. Der Tag ist in 10 Phasen aufgeteilt. Phase 1 (ca. zehn min.) ist die Kennlernphase, in der die Kinder ihre Namensschilder bekommen und sich spielerisch vorstellen. In der zweiten Phase (ca. 15 min.) werden die Kinder mit Hilfe eines Filmes über Podcasts an das Thema herangeführt. Die dritte Phase ist die Erarbeitungsphase (ca. 35 min.). Hier lernen die Kinder mit Hilfe des Bookcreators mit Garage Band umzugehen. In der vierten Phase (Erarbeitung der Interviewfragen, ca. 30 min.) entwickeln die Kinder eigene Interviewfragen. Daraufhin wird das Interview aufgenommen (ca. 30 min.). In der sechsten Phase (Auflockerung, ca. 5 min.) spielen die Kinder zur Auflockerung das Hopspots-Spiel. Daraufhin schneiden die Kinder die Interviews (ca. 30 min.) mit Garage Band. In der achten Phase (ca. 20 min.) werden alle Podcasts im Plenum präsentiert. Daraufhin erfolgt eine Reflexion der Arbeit mit Hilfe von Stein, Feder und Herz (ca. 10 min.). In der letzten Phase (ca. 10 min.) erfolgt das Aufräumen und die Verabschiedung.
Abbildung 2: Zeitplanung Projekttag diklusive Lernumgebung (eigene Abbildung)

Material, Durchführung und Erklärung der Tools

Für die Unterrichtsstunde benötigte Materialien:

Durchführung

Bei noch unbekannten Klassen empfehlen wir ein Kennenlernspiel, in dem auch die Namensschilder verteilt werden. Beispielsweise können sich die Kinder den Ball hin- und herwerfen und dabei ihren Namen und ihren Traumberuf nennen. 

Abbildung 3: Tagesablauf (eigene Aufnahme)

Danach wird die Tagesplanung kurz vorgestellt, damit die Kinder wissen, was auf sie zukommt. Zudem erstellen die Kinder mit der Lehrkraft mithilfe von vorgefertigten Bildern ein Regelplakat, damit sie die Verhaltensregeln kennen. Diese sind zum Beispiel:

  1. Wir hören einander zu und achten aufeinander.
  2. Wir arbeiten zusammen und helfen uns gegenseitig.
  3. Wir passen gut auf das iPad auf und benutzen es nur für unsere Aufgaben.
  4. Wir melden uns.
  5. Wir sind ein Team.

Im weiteren Verlauf ist es empfehlenswert, den Kindern zunächst nahe zu bringen, was ein Podcast ist. Dafür können Sie gerne den von uns erstellten Film benutzen (s. unten). Zur Überprüfung, ob die Schüler:innen die Inhalte verstanden haben, ist eine kurze mündliche Wiederholung sinnvoll. Daraufhin ist es empfehlenswert eine kleine Sprechübung mit den Kindern zu machen, damit sie bei der Aufnahme des Podcast in einem angemessenen Tempo sprechen. Empfehlenswert ist die Nutzung von Tierbildern und die dazugehörige Nachahmung der Sprechgeschwindigkeit des Tieres. Dabei sollte ein Tier die „ideale Geschwindigkeit“ haben. 

Daraufhin folgt die Erarbeitungsphase mit Garage Band. Hier können die Kinder mit Hilfe des Book Creators die App verstehen und lernen diese anzuwenden. Dabei ist es wünschenswert die Schüler:innen größtenteils selbstständig arbeiten zu lassen, damit sie es selbst verstehen und so im weiteren Verlauf weniger Unterstützung benötigen. 

Zwei Mädchen sitzen an einem Tisch, die Kamera fotografiert sie von hinten, ihre Gesichter sind nicht sichtbar. Sie sitzen an einem Tisch und schauen auf ein iPad mit organebner Hülle.
Abbildung 4: Erarbeitung Garageband (eigene Aufnahme)

Anschließend entwickeln die Kinder spezielle Interviewfragen für die einzelnen Berufe. Hier erhalten sie die Checkliste mit den drei vorgefertigten Fragen, auf die sie weitere schreiben können. Falls es Probleme mit der Lesefähigkeit gibt, steht der Anybookreader zur Verfügung, der so vorbereitet ist, dass die Kinder sich die Texte und Wörter vorlesen lassen können. Die erstellten Fragen können die Schüler:innen sich dann gegenseitig stellen und damit Garage Band erproben. 

Nach einer kurzen Begrüßung der Interviewpartner beginnen die Kinder die Podcasts aufzunehmen. Sie stellen ihre Fragen und haken sie dabei von ihrer Checkliste ab, damit keine Frage doppelt gestellt wird. 

Im Anschluss an diese Phase ist es empfehlenswert eine größere Pause einzulegen und mit den Kindern beispielsweise ein Spiel zu spielen, da die vorherige Phase und die folgende Phase hohe Konzentration und Selbstständigkeit der Kinder erfordert. 

Mit neuer Energie starten die Kinder in den Schnitt des Podcast. Bei Fragen steht ihnen die Hilfetheke oder der Book Creator zur Seite. Die Hilfstheke ist eine Ansammlung von Videos, die im Vorhinein aufgenommen wurden, um die Kinder im selbstständigen Arbeiten zu unterstützen. Die Videos erklären komplizierte Schritte detailliert und zeigen die Vorgehensweise direkt auf der App.

Im Anschluss reflektieren die Kinder ihre Arbeit im Sitzkreis mit Hilfe einer Feder, eines Steins und eines Herzens (Stein: fiel mir schwer, Feder: fiel mir leicht, Herz: gefiel mir besonders gut). Danach werden alle Podcasts im Sitzkreis angehört.

Nach dem Aufräumen werden die Kinder in die Pause geschickt. 

eine Gruppe von Kindern und zwei Erwachsenen sitzen in einem Kreis. Ein Kind steht in der Mitte und hält etwas in der Hand. Die anderen Kindern und die Erwachsenen schauen größtenteils das Kind in der Mitte an, einige schauen in die Gegend.
Abbildung 5: Reflexion der Podcasterstellung (eigene Aufnahme)

Erklärung der Tools

Wir nutzen Garageband, da es kostenlos und bei den iPads bereits vorinstalliert ist. Zudem hat es ein intuitives Interface und ist sehr verständlich aufgebaut. Die Kinder können hier sowohl sehr einfach den Podcast aufnehmen als auch schneiden und brauchen so weniger individuelle Unterstützung. 

Die Checklisten (siehe Materialien) unterstützen die Schüler:innen in ihrer Selbstständigkeit. Sie führen die Kinder durch den Prozess und sorgen gleichzeitig dafür, dass nichts vergessen wird.

Der Book Creator spricht die Schüler:innen auf verschiedenen Ebenen an: Der Text kann gelesen oder gehört werden und die Bilder übermitteln ein anschauliches Beispiel. Zudem können die Schüler:innen vor- und zurückblättern und sich somit bei Fragen selbst helfen.

Der Anybookreader ist wie der Book Creator hilfreich, wenn die Schüler:innen in ihrer Lesefähigkeit noch nicht genug fortgeschritten sind. Somit hilft er den Kindern trotz Leseschwierigkeiten die Checkliste abzuarbeiten. Somit brauchen die Schüler:innen weniger Unterstützung. 

Die Tierkarten werden zur Veranschaulichung der Sprechgeschwindigkeit der Tiere genutzt. Bilder sind von Vorteil, da so alle Kinder sie erkennen können und dafür nicht lesen müssen können. 

Das Regelplakat besteht aus Piktogrammen und kurzen Beschreibungen dazu. Dabei ist es empfehlenswert keine Verbote auszusprechen, sondern die Kinder zu Solidarität zu animieren. 

Namensschilder sind bei unbekannten Klassen wünschenswert, damit die Kinder individuell angesprochen werden können. Dies stellt eine persönlichere Umgebung her. 

Reflexion

Bei der Durchführung des Podcasts-Projekts ist es wichtig, ausreichend Zeit für die Erarbeitung in das Tool einzuplanen, da der Book Creator (die Anleitung für die App Garageband) sehr umfangreich ist. Aufgrund der variierenden digitalen Kompetenzen innerhalb der Gruppen ist es entscheidend, sicherzustellen, dass jede Gruppe alle erforderlichen Fähigkeiten erlernt hat, bevor sie mit dem Interview beginnen. Gegebenenfalls sollte Assistenz angeboten werden, um sicherzustellen, dass alle Schüler:innen mit den technischen Anforderungen vertraut sind. Um während des Interviews aussagekräftige Antworten von den Interviewpartnern zu erhalten, sollten die Schüler:innen lernen, offene Fragen zu stellen, die keine einfachen Ja/Nein antworten erlauben. Hier könnte man ein Spiel einbauen, indem die Schüler:innen im Raum einen Partner finden müssen, dem sie eine Frage stellen, die dieser nicht mit Ja oder Nein beantworten kann. Sollte die Zeit begrenzt sein, kann man diese Übung auch im Stuhlkreis mit den Schüler:innen durchführen, um diese damit auf das Interview vorzubereiten. Es ist wichtig, auch die Interviewpartner vor dem Gespräch zu sensibilisieren und sie dazu zu ermutigen, ausführliche und gerne auch etwas ausschweifende Antworten zu geben. Dies trägt dazu bei, interessante und informative Podcasts zu erstellen. Da die Gruppen unterschiedlich schnell arbeiten, kann es hilfreich sein, Zusatzmaterial wie das Entwerfen eines Covers für ihren Podcast anzubieten.

Materialien

Hier ist eine BookCreator-Anleitung zu finden: Anleitung für Garageband.

Weiterführende Literatur

Bosse, I. & Sponholz, J. (2023): Digitale Teilhabe im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Ermittlung von Umweltfaktoren für einen digital geprägten Unterricht entlang der ICF. In: Betz, J. & Schluchter, J-R. (Hrsg.): Schulische Medienbildung und Digitalisierung im Kontext von Behinderung und Benachteiligung. Weinheim: Beltz Juventa. S. 22-42.

Schulz, L. (2019): Digitale Medien im Bereich Inklusive. In: Lütje-Klose, B.; Riecke-Baulecke, T. & Werning, R. (Hrsg.): Basiswissen Lehrerbildung: Inklusive in der Schule und Unterricht. Grundlagen in der Sonderpädagogik. Seelze: Klett/Kallmeyer. S. 344-367.

Redaktionellen Überarbeitung: Dr. Lea Schulz

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